beim militär
erst
die zeit totschlagen
dann
die anderen
aus „meine mündigkeit“
generalfrage
„was bleibt uns übrig
als bomben zu bauen?“
fragte der general
„niemand“,
sagte B.
aus „meine mündigkeit“
an meinem ende mag sein
an meinem ende mag sein
lädt mich der tod
in ein schwarzes gefährt
und ich werde mich erinnern mag sein
das kreuz leuchtete schon
im stern der geburt
die erde gab mir das leben
und sie wird es zu sich nehmen
in ihren weichen schoß
eine stille umarmung
die einen tag dauert
eine ewigkeit
und ihr die ihr noch lebt
einen tag eine ewigkeit mag sein
ihr werdet eure füße setzen
auf die alten wege
und die neuen
und werdet weiterhin atmen
und so hoffe ich
weiterhin hoffen auf hoffnung
und hand anlegen gegen das unrecht
und ihr werdet
in eurem leben vor eurem tod
euren küssen namen geben
und wenn ihr weinen müsst
weint an meinem grab
und bringt blumen und lichter
wenn ihr blumen und lichter braucht
für eure trauer
ich aber werde nicht dort sein
ich nicht
nicht dort
Die Hervorhebung entstammt einem Gedicht von Pablo Neruda, das in der Übertragung von Katja Hayek-Arendt und Erich Arendt den Titel „Gewisser Überdruss“ trägt.
aus „die erde nicht mehr“
nicht vor sehnsucht sterben
nicht vor sehnsucht sterben
sondern leben vor sehnsucht
nach leben
nicht vor liebe irrsinnig werden
sondern wie von sinnen
die irrenden lieben
in ihrer suche
nach leben
nicht vor angst zittern
sondern ruhig werden
vor dem zittern
nach leben
nicht vor hass erkalten
und nicht vor kälte hassen
sondern sich wärmen
und atmen
nach leben
nicht vor schwäche umfallen
sondern aufstehen mit anderen
für den wunsch
nach leben
und manchmal, manchmal weinen
und nicht fassen können
in den verhangenen stunden
das glück
zu leben
aus „die erde nicht mehr“
ring und rose
wir haben lang schon haut an
haut gehalten haben wir
das wort das war am anfang
am altar aus lauter liebe
sind wir einander
nah verblasst
am tisch der jahre saßen
wir auf stümpfen haben wir
vier silben abgebrannt
das herz aus stein
war unser täglich brot
am ende gehen wir ein jeder
in sein eignes fremdes
haus baut uns der tod
ins graue haar ins
zinngeschrei dorthin
wo hauch und haut
verschatten
aus „ring und rose“
friedhofsmauer
nachtgeborene schriften
der straße zu:
stoppt die hinrichtungen
in der türkei
happy birthday, tom
auf grenzen wohnen
das ist heimat
hölderlin for president!
tagbehangene stille
überm jenseitigen gehöft
die steine stehen
sprachlos und kalt
ertrunkene küsse
klirren im wind
Friedrich Hölderlins Gedicht „Hälfte des Lebens“ endet mit den Versen „Die Mauern stehn / sprachlos und kalt, im Winde / klirren die Fahnen.“
aus „ring und rose“
klagelied vom aschseegrund
oh decke mich mit
worten zu und hüll mich
ganz in schweigen wo
find ich meine
seelenruh wem kann ich
meine liebe zeigen
wie gern hielt ich
mein schwarzes haar
noch einmal in
den sommerwind ich
lebte statt siebzehn
siebzig jahr mein kind
hätt schon ein kind
leg deine hände auf
mein grab küss meinen kalten
tränenmund du bist mein
liebster und ich hab
sonst keine liebe mehr
am aschseegrund
In Birkenau, nahe dem Krematorium V, wurde die Asche der Verbrannten in eine große Aushebung verschüttet. Heute ist dort ein See.
aus „schloss und silbe“
wortarbeit
unterm kleid der klänge
die wahrheiten berühren
den zorn und die zärtlichkeit
in den wind schreiben
bis der same aufgeht
aus „schloss und silbe“
kirschkatzengold
der himmel zieht
pfauenräder auf ich
schmück mich mit sonnen
perlen am morgen atmet
dein wiesenleib mich
ein fall ich dir
unterm regenbogen
aus „kirschkatzengold“
gebet
gib mir ein wort
für diesen tag dass ich mich
halten kann gib mir ein lied
für diesen ort wo taube sich
und bärenmann ins
all entkleiden
küss mich oh mond
in dieser nacht dass ich
das kind bewahr zeig mir
wo mutter liebe thront und
deck mich zu mit
tanz und traum und jahr
aus „kirschkatzengold“